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Interview mit Sam Didier und Dustin Browder

Karune: Willkommen, Dustin und Sammy. Wir haben Dustin Browder, unseren verantwortlichen Designer, und Samwise, unseren Art Director, heute bei uns. Wir werden uns ein wenig darüber unterhalten, wie Einheiten entstehen, vom Konzept bis hin zur Erschaffung der Einheit im eigentlichen Spiel. Willkommen, Jungs.

Sam Didier: Moin!

Dustin Browder: Hi.

Karune: Also bei Einheiten, wie fängt das eigentlich an? Ich meine, viele Leute fragen sich bestimmt, steht da zuerst das Gameplay-Element im Vordergrund, dass ihr euch einen bestimmten Einheitentyp überlegt, der für eine gegebene Spielmechanik besonders passend ist, oder geht ihr zunächst von der künstlerischen Seite aus, also dass diese oder jene Einheit besonders krass aussieht?

Dustin Browder: Das Konzept entsteht eigentlich eher zufällig. Ich denke, es kommt immer darauf an, wie wir vorgehen, stimmt’s, Sammy? Manchmal fangen wir mit der künstlerischen Gestaltung an, manchmal mit dem Design und manchmal haben wir unterschiedliche Ansätze, ein künstlerisches Element und ein Design-Element, und wir versuchen beides in Einklang zu bringen.

Sam Didier: Ja, die künstlerische Abteilung hat oft irgendeine coole Idee, die zeigen wir dann rum und jeder schreit: „Ja, das muss unbedingt ins Spiel!“ Und dann haben manchmal die Designer ein oder zwei Ideen und sagen, „Hey, wir brauchen Einheiten, die dieses oder jenes können“, und dann beginnt das Künstlerteam, Konzepte zu entwerfen und von da an lassen wir das Ding eigentlich einfach nur laufen. Dann heißt es anpassen, anpassen und nochmals anpassen, bis wir am Ende eine Einheit fertig haben, die dann noch drei- oder viermal geändert wird.

Dustin Browder: (lacht) Genau, und dann muss noch tausend Mal das Balancing geändert werden, bis es passt.

Karune: Was wären dann also Beispiele für eine Gameplay-Einheit?

Dustin Browder: Hm, von den Gameplay-Einheiten wäre der Koloss, glaube ich, ein gutes Beispiel. Wir hatten da ‘ne Idee für eine Einheit, die Klippen überschreiten können soll bei den Protoss, wir wollten was echt Großes, was einigen Flächenschaden austeilen kann. Das verlangte vielleicht nach einem bestimmten Grundmuster beim Aussehen, aber dann hat sich die künstlerische Abteilung die Kernmechanik geschnappt und echt was richtig Cooles draus gemacht.

Sam Didier: Ja, wir haben uns einiges an Inspiration von anderen gehenden Robotern und Dreibeinern geholt, aber wenn ihr gut hinschaut, seht ihr, dass unser Koloss vier Beine hat, nicht drei. Also ist unser Dreibein besser als all die anderen, weil wir ein Bein mehr haben!

Dustin Browder & Karune: ((lachen))

Karune: Wie sieht’s dann anders herum aus? Habt ihr eine Einheit im Kopf, die von der künstlerischen Gestaltung ausgehend entstanden ist?

Sam Didier: Tja, wir hatten eine Idee bei den Terranern, wo wir den alten Goliath hatten. Der war cool. Wir hatten die Walküre. Die war auch cool. Aber wir wollten die Terraner irgendwie ein bisschen erneuern, wir wollten ihrer Fraktion mehr wandelbare Einheiten hinzufügen. Also haben wir uns gesagt, „Ok, was wäre denn, wenn das bloß eine Stufe der Einheit ist, und sie sich dann transformiert?“ Also haben wir jetzt Luft- und Bodenkampfeinheiten, und was immer sie am Ende machen, Maschinengewehre am Boden oder Raketen in der Luft, wir wussten, wir wollten eine Art transformierenden Roboter haben. Das war ein Element aus dem Sci-Fi-Bereich, das wir bisher nicht im Spiel hatten. Wir sind alle in den 80ern und 90ern aufgewachsen und haben ‚Transformers‘ geschaut, also lag uns wirklich viel daran, das einzubauen.

Karune: Darauf hat wirklich jeder gewartet.

Sam Didier: STARSCREAM!

Dustin Browder: (lacht) Ja, Einheiten wie das Mutterschiff, ich weiß noch, als ich anfing, da war dieses riesige Protoss-Schiff im Originalfilm für die Anfangssequenz von StarCraft, das einen gewaltigen Strahl auf das kleine terranische Bergungsschiff abgeschossen und es zerstört hat. Diese Einheit war also Teil des Ganzen, obwohl sie im Spiel nicht aufgetaucht ist. Die Idee mit dem Mutterschiff ist also die ganze Zeit durchs Studio gegeistert, nur aufgrund dieser Videosequenz und dieser coolen Zeichnung. Das wäre so ein Beispiel einer Einheit, die zunächst als Zeichnung existierte und für die wir verschiedene Mechaniken ausprobiert haben, um sie ins Spiel integrieren zu können.

Karune: Interessant. Gibt es Einheiten, die speziell für Einzelspieler entworfen werden, aber nicht unbedingt tauglich für Multiplayer sind? Wie kommt es zu solchen Einheiten? Wie entscheidet ihr, ob sie für Single- oder Multiplayer sind?

Sam Didier: Wir entwickeln eine Einheit und wir finden sie alle klasse, und dann entscheiden wir, dass sie zu mächtig oder zu schlecht handhabbar ist, dann wird sie ausschließlich in den Single-Player-Modus geschoben. Viele Sachen kreieren wir aber auch bewusst für den Einzelspieler. Wir haben etwa den Schakal erschaffen, ich glaube, er heißt jetzt Hellion, dann schauen wir uns verschiedene Variationen davon an, entfernen die schwarze Farbe, machen ein paar Flammen drauf, und schon wird es ein Einzelspieler-Fahrzeug.

Karune: Wo liegen also die besonderen Herausforderungen bei der Schaffung dieser Einheiten, wenn das Grundkonzept vorliegt? Wie entscheidet ihr, ob nun Idee a, b, oder c verfolgt wird?

Dustin Browder: Normalerweise fällt es mir sofort auf, wenn wir etwas Gutes haben. Wenn wir eine tolle Zeichnung vorliegen haben, dann sind wir doch alle ziemlich heiß drauf, eine gute Mechanik für diese Zeichnung zu entwickeln. Und gleichzeitig glaube ich, dass die Zeichner, weil wir eine gute Spielmechanik entwickelt haben, ziemlich heiß drauf sind, mit Zeichnungen aufzuwarten, die der Mechanik entspricht. Wenn du also etwas hast, was cool ist, dann ist es leicht, einen gewissen Enthusiasmus zu entwickeln. Auf die Art stellen wir sicher, dass wir ‘ne Menge davon im Spiel haben, um es zu einer aufregenden Erfahrung zu machen.

Karune: Könnt ihr uns mal anhand einer der Einheiten, die ihr geschaffen habt, den ganzen Prozess beschreiben? Was waren die Herausforderungen, auf die ihr dabei gestoßen seid?

Sam Didier: Ein Beispiel für die Terraner wäre der Thor: ein gigantischer Roboter, bei dem die Erde erzittert. Krass, cool, hört sich klasse an! Also haben wir das Konzept erstellt und dann das Modellieren begonnen. Wenn wir beim Modellieren sind, verändern wir ständig was, wir folgen eigentlich nie zu 100% einem Konzept. Danach kommt die Animation und die Textur und so weiter. Das Problem, was wir bekamen, waren diese riesigen Kanonen auf seinen Schultern. „Richtig cool! Sieht Hammer aus!” Tja, nur wann immer uns was Cooles am Herzen liegt, müssen wir das auch im Gameplay rechtfertigen. Jetzt hat er also diese Riesenkanonen, was macht er damit? Wir haben schon einen Belagerungspanzer, der das Schlachtfeld leerfegt, also wofür sind die Dinger dann da? Noch leerere Schlachtfelder? Das würde den Belagerungspanzer unnötig machen. Konnten wir nicht machen. Also bei der Einheit haben wir mit der Zeichnung begonnen, weil sie diese coolen Kanonen hatte und standen dann vor dem Problem, was wir in Bezug auf Design damit anfangen sollten. Natürlich wird es letzten Endes perfekt sein, aber wir müssen an derlei Sachen immer noch feilen.

Dustin Browder: Über den Thor mache ich mir zurzeit überhaupt keine Sorgen. Dass er seine Kanonen für Langstrecken-Flugabwehr einsetzt, ist gut angekommen und er ist ein gutes Beispiel für eine Einheit, die mit einer Zeichnung angefangen hat, und hinter die wir uns dann alle geklemmt haben. Jeder war heiß drauf, diesen riesigen Kampfroboter bei den Terranern zu sehen, es passte so gut zum Science-Fiction-Design und sah auf dem Schlachtfeld einfach super aus. Dann haben wir uns halt auf das Design konzentriert, um es so wasserdicht wie möglich zu machen. Und bislang ist das echt gut gelungen. Ein sehr erfolgreiches Beispiel dafür, wie wir diese zwei Dinge miteinander „vermählen“.

Sam Didier: Alle, die ihr zuhört da draußen, ihr hättet sehen sollen, wie groß das Ding vorher war. . . wir mussten es aber, äh, spielbar machen.

Dustin Browder: (lacht) Diese Version werden sie im Einzelspieler-Modus sehen, da bin ich sicher.

Karune: Für alle, die StarCraft nicht kennen, Dustin, kannst du uns etwas über die Rolle des Thor in StarCraft II erzählen?

Dustin Browder: Der Thor macht zwei Dinge für die Terraner: Zunächst kann diese Einheit das Zünglein an der Waage sein, eine, die du an die vorderste Front stellen kannst, die eine Menge feindliches Feuer einstecken kann. Er ist äußerst haltbar und sehr, sehr schwer zu erledigen. Und genau dieses Extra an Haltbarkeit kann den Unterschied ausmachen, ob du es noch an dieser Artilleriestellung vorbeischaffst oder bis ins gegnerische Lager vordringen kannst, damit deine kleineren Space-Marines eingreifen können. Und dann hat der Thor noch diese großen Kanonen auf seinem Rücken, die er gegen Lufteinheiten einsetzt, also kann man den Thor auch als Luftabwehr einsetzen. In diesen beiden Rollen ist er eine mächtige Waffe, deswegen verschafft er den Terranern eine neue Flexibilität auf dem Schlachtfeld, die vorher so nicht gegeben war.

Karune: Schön, schön. Offensichtlich eine sehr nette Einheit. Der Thor ist also ein gutes Beispiel für eine Einheit, die sich aus einer Zeichnung entwickelt hat. Könnten wir nun über ein Beispiel für eine Einheit, die von der Gameplay-Seite aus entstanden ist, sprechen?

Dustin Browder: Klar. Also eine Einheit, an der wir eine ganze Weile gearbeitet haben, und an der uns von Gameplay-Seite aus viel gelegen hat, ist die Schabe. Die grundlegende Idee war, dass wir eine Zerg-Einheit bekommen, die sehr, sehr schnell regenerieren kann. Und wenn man das mit einer schlauen Mikro-Einheit verbindet, die sich auch noch eingraben kann, dann hat man ein Ergebnis, das unheimlich viele Möglichkeiten eröffnet. Dies ermöglicht jede Menge schnelles Gameplay sowohl für den Besitzer der Schabe als auch für denjenigen, der sie bekämpft. Damit war sie eine Einheit, die wir eine ganze Weile auf der Liste hatten und es hat recht lange gedauert, bis die künstlerische Abteilung richtig Zugang zu ihr gefunden hat.

Sam Didier: Als die Entwickler zu uns kamen und meinten, sie wollten diese Art Einheit und wollten sie Schabe nennen, haben wir das einfach als Ausgangspunkt genommen. Wir wollten eine gedrungene, fies aussehende, insektenähnliche Einheit, die Atombomben und Sperrfeuer von Belagerungspanzern überleben kann. Das hat die Künstler natürlich geleitet. Etwas Unvorhergesehenes, was kürzlich passiert ist, und kürzlich heißt innerhalb des letzten Jahres, war, dass sie von einer Nahkampf- zu einer Fernkampfeinheit geändert wurde. Zuerst musste sie nahe heran und auf den Gegner einhacken.

Karune: Könnt ihr anhand der Schabeneinheit mal ein wenig auf die technischen Aspekte der Erschaffung einer Einheit eingehen? Animation, Modellieren und so weiter.

Sam Didier: Nun, ich bin ja vorhin schon mal ein bisschen darauf eingegangen… Am Anfang erstellen eine ganze Reihe unserer Künstler Konzepte und wir sehen uns die Bilder an und sagen, „Oh, das gefällt mir“, oder „Oh, die Komponente sieht cool aus, die sollten wir an dem Modell da drüben anbringen.“ Nach einigen Veränderungen am Konzept einigen wir uns dann auf eines und setzen einen unserer Modellierer dran. Der erstellt dann ein Modell, dann folgt das Mapping, bevor wir an die Texturen gehen. Dann wird die Einheit von den Animatoren übernommen. Wir gehen durch verschiedene Phasen der Animation, lassen die Einheit zunächst quasi durchs Bild rutschen, um sie in der nächsten Animation eher trampeln zu lassen. Wir entscheiden dann, welche Bewegung am besten zu der Einheit passt, weil die Bewegung ja das ist, was man am meisten sieht von der Einheit. Nachdem wir das festgelegt haben, geht es mit der Angriffsbewegung weiter. Vielleicht wollen wir, dass sie eine besonders große Reichweite hat, dass sie dieses oder jenes kann. Wenn die Einheit dann soweit fertig ist, machen wir mit ihrem Porträt weiter. Da entsteht der eigentliche Charakter der Einheit, auf dem Schlachtfeld sieht man sie ja nicht richtig, deswegen haben wir diese kleinen Porträtfenster. Da achten wir dann auf solche Sachen wie: „Gut, eine Schabe muss so und so aussehen, lass uns mehr den Fokus auf diese gemeinen, kleinen Augen legen.“ Dann wird noch einiges angepasst und natürlich werden noch eine Menge kleine Zähne hinzugefügt. Danach müssen wir uns eventuell die Einheit noch mal vornehmen und etwas Feinschliff betreiben, damit sie dem Porträt angepasst wird. Dann sind wir aber eigentlich soweit fertig mit unserer Einheit, solange keine Änderungen am Design reinkommen oder wir mehr Polygone hinzufügen dürfen.

Karune: Mal so als Zwischenfrage: Was ist deine Lieblingsanimation oder dein Lieblingsporträt in StarCraft?

Sam Didier: Bisher gefällt mir wohl auf Terraner-Seite der Thor am besten. Ich weiß ja nicht, ob ihr den schon gesehen habt. Auch der Marodeur hat ein Hammer-Porträt. Bei den Protoss gefällt mir irgendwie der Berserker am besten, es war zwar unser erster, aber ich meine, er fängt perfekt den Protoss-Look ein.

Karune: Das ist der aus dem Announcement, oder?

Sam Didier: Ja, der ist klasse, und der Hohe Templer. Und bei den Zerg haben wir auch eine Reihe neuer Einheiten, ich weiß nicht, ob die Leute die schon gesehen haben, aber die für den Berstling und den Mutalisk sehen einfach Hammer aus!